Optimistisch durch die Krise mit „Liebe Mrs. Bird“

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Foto: privat

Momente, in denen man realisiert, wie wenig man im Leben kontrollieren kann, gibt es ja öfter – und sie sind immer gruselig, finde ich. Ich weiß, dass sie angeblich auch sehr befreiend sein können, aber meistens finde ich es nicht ganz leicht, an diesen Punkt zu kommen. Die Corona-Krise scheint uns mit dieser Realität auf einmal unausweichlich zu konfrontieren. Es kann helfen, festzustellen, dass sich alle Menschen schon immer und immer wieder damit auseinandersetzen mussten, wie wenig man selbst in der Hand hat – und dieses Gefühl von Solidarität, das einem Halt gibt, findet man auch in „Liebe Mrs. Bird“ von A. J. Pearce.

Worum es geht:

London 1941: Die junge Emmeline wohnt mit ihrer besten Freundin Bunty zusammen und arbeitet tagsüber als Sekretärin, während sie nachts als Telefonistin bei der Feuerwehr aushilft. Als sie eine Stellenausschreibung in der Zeitung entdeckt, erhofft sich davon einen entscheidenden Schritt auf ihrem beruflichen Weg zur Kriegsreporterin. Sie bekommt den Job – und stellt fest, dass es ihre Aufgabe ist, den Kummerkasten der Zeitschrift ‚Woman’s Friend‘ zu betreuen und den Leserinnen, die ihre Sorgen dort loswerden, während die Männer im Krieg sind, Antworten zu geben.

Mrs. Bird, die Kummerkastentante, hat dabei klare Bedingungen: Alle Briefe, die Eheprobleme oder anderweitig anstößige Themen betreffen, werden ignoriert. Emmeline kann die Briefe aber einfach nicht ausblenden und beginnt, den Frauen zu antworten. Ein Job, der als Enttäuschung beginnt, wird der Anfang vieler emotionaler Entwicklungen, die Emmeline und Bunty in diesem Roman durchlaufen.

Das Besondere an diesem Buch:

Der spirit! London im Zweiten Weltkrieg ist eine drastische Kulisse und die Gefahren, Belastungen und Unsicherheiten, die damit verbunden sind, sind ständig präsent und Emmaline muss auch schwierige Erfahrungen machen. Doch in all dem behauptet sie sich als eine junge Frau, zu der mir vor allem das Wort beherzt einfällt. Sie blickt den Dingen ins Auge, verliert nicht den Mut und ermutigt einen durch ihre positive Art, stark, aktiv und guten Mutes zu bleiben. Nicht nur ist es inspirierend, mit Emmeline und den Menschen um sie herum Zeit zu verbringen, sondern es macht auch einfach gute Laune.

Ein guter Moment für dieses Buch:

Wenn einem das Leben gerade den Wind aus den Segeln nimmt, man das Gefühl hat, nichts ausrichten zu können, einen das Weltgeschehen deprimiert und bei jeder sonstigen Krise ist „Liebe Mrs. Bird“ ein Buch, das solchen Stimmungen mehr als gewachsen ist, finde ich. Aber auch bei jedem sonstigen Anflug von Negativität oder Kraftlosigkeit wirkt dieser Roman energetisierend und belebend!

Ein Grund, warum das Buch so aufbauend wirkt, ist sicher, dass Freundschaft eines der großen Themen darin ist. Wer eine Anschlusslektüre sucht, könnte es mit den vier Freundinnen in „Aller Anfang“ probieren!

Cover: rowohlt.de

Wer bei diesem Buch in jeder Stimmung richtig ist:

  • Vintage-Fans, die Freude an Schreibmaschinen und Briefen haben!
  • Alle, die gerne Zeitschriften lesen – „Liebe Mrs. Bird“ gibt einen Einblick in das, was Frauen in den 1940ern so gelesen haben.
  • Freunde der Selbstironie! Die Erzählerin nimmt sich selbst nie zu ernst und ist sehr unterhaltsame Gesellschaft.
  • Alle, die davon träumen, mit der besten Freundin zusammenzuwohnen!

Wann ich zu etwas anderem greifen würde:

Ich persönlich kann mir keine Situation vorstellen, in der dieses Buch nicht das richtige wäre, es sei denn zu Zeiten, in denen mir nach etwas ganz Bestimmtem ist – dem Ton einer bestimmten Autorin, meinem Lieblingsdetektiv Lord Peter Wimsey (in dem Fall ist Aufruhr in Oxford immer eine gute Wahl) oder wenn ich einen Roman über aktuelle Gesellschaftsthemen suche (dann würde ich beispielsweise zu „1000 Serpentinen Angst“ greifen). Emotional gesehen ist „Liebe Mrs. Bird“ aber nicht nur wenn du in einer Krise steckst, sondern immer eine wohltuende, unterhaltsame und beflügelnde Lektüre!

Daten zum Buch:

Titel: Liebe Mrs. Bird
Originaltitel: Dear Mrs. Bird
Autorin: A. J. Pearce
Übersetzerin: Silke Jellinghaus
Verlag: rororo
Seiten: 416
Preis: 10,00€
ISBN: 978-3-499-27302-5

Eine Leseprobe und weitere Informationen findest du hier auf der Verlagswebsite von Rowohlt.

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