„Mister Weniger“ verkürzt die Mittagspause im Homeoffice

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Foto: Lauren Mancke / Unsplash

Die Mittagspause in Homeoffice-Zeiten ist oft nicht sehr erholsam: Der Teller mit den Resten von gestern steht auf dem vom Laptop noch warmen Tisch, während Arbeitssachen, Kaffeebecher und Papiere einem vom anderen Tischende aus beim Essen zuschauen. Der blaue Himmel vorm Fenster, der beim Frühstück noch so attraktiv aussah, ist beim immer gleichen Winkel irgendwie unspannend geworden… Da braucht es Gesellschaft, die einen ein bisschen herausholt. Für eine Mittagspause mit Erholungswert empfehle ich „Mister Weniger“!

Worum es geht:

Der liebenswerte, nicht ganz so erfolgreiche Schriftsteller Arthur Less reist um die Welt, um zu vergessen – dass sein Exfreund heiratet und dass sein fünfzigster Geburtstag vor der Tür steht. Um diesen beiden anstehenden Terminen auszuweichen, hat er sich einen ziemlich ausführlichen Reiseplan zusammengestellt, indem er sämtliche Einladungen zu literarischen Events, die sich in seinem Briefkasten gehäuft haben, angenommen hat. So soll er in New York den berühmten Science-Fiction-Autor H. H. H. Mandern interviewen, auf einer Konferenz in Mexico City „Una noche con Arthur Less“ gestalten und in Kyoto einen Artikel über japanische Cuisine schreiben.

An all diesen Stationen häufen sich Missgeschicke – „Mister Weniger“ ist ein richtig lustiges Buch – und Auseinandersetzungen damit, was es heißt, ein Mann zu sein, dem von Freunden attestiert wird, nicht nur eine dünne, sondern gar keine Haut zu haben. Die Erinnerungen an seinen langjährigen Liebhaber Freddy sind schmerzhaft und holen Arthur immer wieder ein, egal wie weit er reist. Zusammen mit einem mysteriösen Erzähler begibt man sich als Leser auf eine extrem unterhaltsame, emotionale und feinfühlige Achterbahnfahrt durch Gefühlswelten, die Literaturszene und die Verschachtelungen einer sensiblen Seele.

Das Besondere an diesem Buch:

Diesen Roman zu lesen ist eine unglaublich bewegende und herzerwärmende Erfahrung. Das Buch ist eine Liebeserklärung an seinen Protagonisten, einen unperfekten, besonderen und liebenswerten Mann, mit dem man lacht, weint und den Kopf schüttelt. Das Schöne ist, dass man merkt, dass der Erzähler – bei dem man nie so ganz weiß, wer das ist – Arthur Less genauso gerne mag wie man selbst. Es ist einfach schön, eine Figur derart ins Herz schließen zu können.

Wenn du die letzten Seiten des Buchs erreichst, denk an mich! Ich möchte hier nichts spoilern und deshalb nur sagen, dass ich den erzählerischen Twist am Ende des Romans emotional und erzähltechnisch so unglaublich gut, erfüllend und überzeugend fand, dass ich gleich wieder von vorne anfangen wollte. Dieses Buch ist ein ganz besonderes – ermutigend, klug und unglaublich unterhaltsam!

Buchcover Mister Weniger von Andrew Sean Greer
Cover: fischerverlage.de

Ein guter Moment für dieses Buch:

Wenn der eigene Tapetenwechsel gerade fehlt, hilft Arthur Less weiter. Er reist für uns um die Welt, ganz so, als mache er das extra, um unser Fernweh zu stillen. Wir reiten mit ihm auf Kamelen durch die marokkanische Wüste, gehen in Berliner Clubs und zu Soirées in Paris. Und das Beste: Nachdem man mit Arthur auch noch in Mexiko, Italien, Japan und Indien war, fühlt man sich selbst, als wäre man gerade in der ganzen Welt unterwegs gewesen und macht sich gerne in der heimischen Küche einen entspannten Kaffee.

Dadurch, dass Arthur auch so schön häppchenweise verreist, bringt einen dieser Roman perfekt durch die Arbeitswoche: Jede Mittagspause ein kleiner Abstecher ans andere Ende der Welt – das holt aus so einem Lunchbreak auch wirklich alles heraus und lässt einen anschließend entspannter, erholter und mit einem Schmunzeln wieder an die Arbeit gehen.

Der feinsinnige Humor ist einer der besten Aspekte des Buchs, finde ich. Wenn du heute noch nicht genug gelacht hast – das lässt sich ändern!

Abgesehen davon ist „Mister Weniger“ ein Buch, von dem man sich in all seinen Unperfektheiten verstanden fühlt. Jeder hat Momente, in denen man sich unsicher, inkompetent oder verletzlich fühlt – genau dann ist dieser Roman der richtige. Denn er zeigt, wie menschlich, wie wenig schlimm und wie schön es ist, angreifbar und unperfekt zu sein.

Wer bei diesem Buch in jeder Stimmung richtig ist:

  • Alle, die sich manchmal ärgern, keine dickere Haut zu haben.
  • Alle, die Berlin kennen und einen ziemlich lustigen – und wie ich finde, spot-on – Blick auf die Stadt mitnehmen wollen. Und Bastian aus Bayern ist auch sehr unterhaltsam!
  • Exzentriker, die Freude am Absurden haben.

Wann ich zu etwas anderem greifen würde:

Mit den Verletzlichkeiten des menschlichen Lebens beschäftigen sich viele Bücher. „Mister Weniger“ tut das auf eine sehr entwaffnende Art und hilft einem dabei, das viele, was unausweichlich schief läuft, nicht so schlimm zu finden. Wenn du, bevor du dich mit Arthurs Humor mit der Unperfektheit des Lebens anfreundest, aber erstmal etwas Handfestes, Sortierendes brauchst, ist „Ein Gentleman in Moskau“ vielleicht eine passendere Wahl. „Mister Weniger“ wartet dann auf dich, wenn der Zeitpunkt stimmt – und das Warten wird sich gelohnt haben!

Daten zum Buch:

Titel: Mister Weniger
Originaltitel: Less
Autor: Andrew Sean Greer
Übersetzer: Tobias Schnettler
Verlag: Fischer Taschenbuch
Seiten: 336
Preis: 12 €
ISBN: 978-3-596-70122-3

Eine Leseprobe und weitere Informationen findest du hier auf der Verlagswebsite vom Fischer Verlag.

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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. AM

    Bin gerade erst mit Arthur „auf Reisen“ gegangen und musste schon laut rauslachen. Es ist perfekt für diese Zeit, in der man selbst nicht um die Welt fliegen kann. Danke für den Anreiz, auf das Buch wäre ich alleine nicht gekommen!

    1. admin

      Das ist ja super! Das freut mich wirklich sehr, dass die Lektüre für dich auch so gut in diese Zeit passt! Ich finde das Buch einfach so sympathisch und gut geschrieben, dass es mich besonders freut, wenn es gut ankommt 🙂 Dann wünsch ich dir noch ganz viel Spaß beim Lesen und bin sicher, dass du bei den nächsten Lachern ziemlich viel Spaß haben wirst, da kommen noch einige!
      Liebe Grüße
      Felicitas

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