Für das Gefühl, nach Hause zu kommen: „Der größte Spaß, den wir je hatten“

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Foto: Chris Ross Harris / Unsplash

Ein Buch, das sich anfühlt wie nach Hause kommen – für viele Lesende heißt das die Rückkehr zu vertrauten Charakteren, die einen seit vielen Jahren begleiten. Es gibt aber auch Bücher, die einem dieses Gefühl schon vermitteln, wenn man sie zum ersten Mal liest: Zum Beispiel „Der größte Spaß, den wir je hatten“, der erste Roman der amerikanischen Schriftstellerin Claire Lombardo. In diesem Roman geht es um eine Familie, die es eigentlich ziemlich gut hat. Trotzdem sind Kinder wie Eltern immer wieder vom Leben überfordert – und genauso, wie die vier Töchter alle mal Zuflucht bei den Eltern suchen, fühlt sich das Lesen an wie eine Auszeit in einem chaotischen, aber warmen Elternhaus.

Worum es geht:

Eine weiße Mittelschichtsfamilie in den USA: Geldsorgen gibt es keine, alle Möglichkeiten, gute Colleges zu besuchen, stehen zur Verfügung, und die Eltern lieben ihre vier Töchter sehr. Auf dieser sehr privilegierten und vermeintlich stabilen Basis packt die Autorin aus: über alles, was sich zwischen den Schwestern anstaut, was ausgesprochen wird und ungesagt bleibt, wie manche Dinge unverzeihlich sind und die Bande zwischen den Familienmitgliedern trotzdem unzertrennlich bleiben.

Die vier Töchter sind inzwischen erwachsen: Wendy ist in Alkoholismus abgerutscht, nachdem sie ihren Mann verloren hat, Violets größtes Geheimnis steht auf einmal leibhaftig vor ihr, Liza wird schwanger von einem instabilen Partner und Grace, die jüngste, hängt vollends in der Luft. Der Roman holt dann in eingeschobenen Rückblende-Kapiteln in die Vergangenheit aus, beginnend in den 1970ern, als sich die Eltern der vier Schwestern kennenlernen. Stück für Stück arbeiten sich die Rückblenden bis in die Gegenwart, sodass man immer besser versteht, wie es zu all dem kommen konnte.

Das Besondere an diesem Buch:

„Der größte Spaß, den wir je hatten“ hat einige der Merkmale, die ein Buch für mich zum absoluten Lesegenuss machen: wechselnde Perspektiven, realistische Charaktere und ein fast ausschließlicher Fokus auf ihre zwischenmenschlichen Erfahrungen und emotionalen Entwicklungen. Für mich war dieses Buch also ein Traum, nicht zuletzt, weil es einige hundert Seiten hat und ich nichts befriedigender finde als ein dickes Buch voller Spannung der Sorte: Wird Grace je ihren Weg finden? Wann spricht Violet endlich aus, was sie fühlt? Wer wird es schaffen, an Wendy heranzukommen?

Was die Beziehungen der Figuren interessant macht und unterscheidet von anderen Romanen mit wechselnden Perspektiven, die ich sehr gerne gelesen habe, wie „Aller Anfang“ oder „Das Ensemble“, ist, dass es bei Claire Lombardo nicht um Freundschaften geht, sondern um die Beziehungen innerhalb einer Familie. Wie kann sich das Verhältnis zwischen Schwestern ändern – oder nie ändern? Wie prägt der Platz, den man in der Familie hatte, die Art, wie man als Erwachsene ans Leben herangeht? Wie kommt man mit dem Wissen klar, dass eigene Erfahrungen die Schwestern und ihre jeweiligen Erinnerungen genauso betreffen wie einen selbst?

Wenn du solche Fragen ähnlich spannend findest wie ich, ist dieses Buch genau richtig für dich!

Ein guter Moment für dieses Buch:

Wenn du es gerade brauchen könntest, von verständnisvollen Eltern in den Arm genommen zu werden, kommt „Der größte Spaß, den wir je hatten“ dem so nahe, wie ein Buch das kann. Ich fand es sehr wohltuend, diese erwachsenen Töchter, die ihre Eltern trotzdem manchmal einfach brauchen, nach Hause zu begleiten.

Auch, wenn du dich gerade ein bisschen allein fühlst, könnte dieser Roman guttun. Mit seinen vielen Figuren, die so lebensecht geschrieben sind, wird es dir vorkommen, als hättest du selbst vier Schwestern, die dich auf Trab halten. Aber auch innerhalb der lauten und sich großteils sehr nahestehenden Familie Sorenson fühlen sich immer wieder Figuren einsam – sodass du dich in mehrererlei Hinsicht nicht alleine fühlen musst.

Ansonsten empfehle ich Claire Lombardos Roman, wenn du ein Buch zum Verschlingen suchst, das du nicht mehr zur Seite legen willst. Zumindest mir ging es so beim Lesen!

Buchcover zu Der größte Spaß den wir je hatten von Claire Lombardo
Cover: dtv.de

Wer bei diesem Buch in jeder Stimmung richtig ist:

  • Alle, die „Aller Anfang“ oder „Das Ensemble“ gerne gelesen haben. Hier findest du ein Buch, das auf ähnliche Art süchtig macht und genauso spannende Charaktere hat!
  • Alle, die es interessant finden, über Familienkonstellationen nachzudenken.
  • Alle, die Ginkgobäume lieben. Denn der Ginkgobaum im Garten der Sorensons ist einer der treuesten Begleiter durch viele Jahrzehnte in diesem Buch.

Wann ich zu etwas anderem greifen würde:

Wenn dich die Aussicht auf Familiendrama ganz müde werden lässt, lass lieber die Finger von diesem Roman. Es wäre schade, wenn dich das ganze eher deprimiert und du es nicht genießen kannst!

Außerdem spielen die Themen Mutterschaft und Schwangerschaft eine zentrale Rolle in dem Buch. Wenn dir danach gerade nicht ist, würde ich „Der größte Spaß, den wir je hatten“ erstmal zur Seite legen.

Wenn du also statt zwischenmenschlich-familiärem Drama gerade eher eine aufmunternde Lektüre suchst, die dich definitiv nicht an deine Familie erinnern wird, könnte „Die souveräne Leserin“ gerade eher etwas für dich sein.

Daten zum Buch:

Titel: Der größte Spaß, den wir je hatten
Originaltitel: The most fun we ever had
Autorin: Claire Lombardo
Übersetzerin: Sylvia Spatz
Verlag: dtv
Seiten: 720
Preis: 25,00€
ISBN: 978-3-423-28198-0

Hier findest du auf der Verlagswebsite von dtv mehr Infos zum Buch und eine Leseprobe.

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